Der neuartige Internet-Satellit "KA-SAT" ist in der Nacht zum Montag vom russischen Weltraum-Bahnhof Baikonur erfolgreich ins All gestartet. Der "KA-SAT" soll allein in Deutschland 200 000 Kunden mit Breitband-Internet versorgen können. Davon könnte 2011 auch die unterversorgte Altmark profitieren.
Magdeburg. Die Altmark im Norden von Sachsen-Anhalt ist nach Angaben des aktuellen Breitbandatlas der Bundesregierung die am stärksten mit Breitband-Internet unterversorgte Region Deutschlands. Neben dem neuen mobilen Breitband-Mobilfunk LTE, für das derzeit ein Sendernetz aufgebaut wird, könnte daran auch ein völlig neuartiges System von Internet-Empfang mittels Satelliten-Schüssel etwas ändern. Die Grundlage dafür bildete gestern der erfolgreiche Start einer russischen Proton-M-Rakete mit dem sechst Tonnen schweren Satelliten namens KA-SAT an Bord.
Der Satellit wurde von der EADS-Tochter Astrium im Auftrag des europäischen Satellitennetzbetreibers Eutelsat gebaut. Nach Angaben von Eutelsat wurde der KA-SAT nach neunstündigem Flug gestern erfolgreich im Orbit auf der vorgesehenen Höhe positioniert. Gesteuert wird der Satellit vom Kontrollzentrum im französischen Ort Rambouillet nahe Paris aus. In den nächsten Wochen durchläuft er mehrere Tests.
Ab Anfang Mai 2011 soll seine kommerzielle Nutzung beginnen. Eutelsat hat dazu bereits Verträge mit 70 Providern abgeschlossen. Die Lebensdauer des KA-SAT ist auf 15 Jahre ausgerichtet. Dem Internetnutzer werden in Zukunft Downloadraten von zehn Megabitt pro Sekunde (MBit/s) und Uploadgeschwindigkeiten bis zu vier MBit/s geboten. Die Preise für den Breitband-Zugang aus dem Orbit sollen, so Eutelsat, nur geringfügig über den DSL-Preisen von kabelgebundenen Zugängen liegen. Eutelsat strebt in Deutschland die Versorgung von 200 000 Kunden an. Insgesamt kann der Satellit in Zentraleuropa etwa eine Million Haushalte mit Internet versorgen.
Durch die Abstrahlung des Signals aus dem Weltall müssen auf der Erde keine Sendemasten errichtet werden. Ähnlich wie bei Sat-Fernsehen genügt eine "Schüssel", mit der die Daten empfangen und auch gesendet werden. Nach Eutelsat-Angaben soll zukünftig auch die gemeinsame Nutzung einer Sat-Anlage zum Telefonieren, Fernsehen und zum Internetsurfen möglich sein.
Der KA-SAT ist nicht nur wegen seiner beeindruckenden Größe ein besonderer Satellit. Mit ausgefahrenen Sonnensegeln ist er 40 Meter breit. Sein Gewicht beträgt vergleichsweise schwere sechs Tonnen. Der Satellit ist vor allem wegen seiner Bauweise einzigartig. Er strahlt seine Signale über 82 sogenannte Spotbeams ab, die jeweils einen Durchmesser von 250 Kilometer haben. Damit können die Signale sehr viel genauer als bislang adressiert werden. Am Boden wird das Signal über acht auf dem Kontinent verteilte Knotenpunkte gemanagt, die über Glasfaserkabel miteinander verbunden sind. Der KA-SAT erreicht einen Datendurchsatz von 70 Gigabit pro Sekunde. Dies entspricht einer Kapazität, die doppelt so hoch ist wie die Flotte aller 25 derzeitigen Eutelsat-Satelliten.
Seinen Namen verdankt der Satellit dem Ka-Frequenzband, das in Europa bislang sehr wenig zur Internetübertragung genutzt wird. In den USA werden nach Eutelsat-Angaben Ka-Band-Multispot-Satelliten bereits seit 2005 genutzt. In Nordamerika gehen bereits eine halbe Million Haushalte über solche Satelliten online. Das Ka-Band erlaubt den Betrieb von sehr kleinen Sat-Empfangs- und Sendeanlagen mit einem Durchmesser von nur 67 Zentimetern.
Bei Eutelsat dürften gestern die Steine gleich haufenweise von den Herzen gefallen sein. Nachdem zu Monatsbeginn eine in Baikonur gestartete Proton-Rakete es nicht geschafft hatte, drei Glonass-Satelliten für das russische Navigationssystem in den Orbit zu bringen, lagen die Nerven blank. Die drei Satelliten für das Konkurrenzsystem zum amerikanischen GPS waren ins Meer gestürzt. Der Schaden wird auf mehrere hundert Millionen Euro geschätzt. Eine Untersuchung hatte ergeben, dass die Rakete mit 1,5 Tonnen Treibstoff zu viel betankt worden war. Der ursprünglich für den 20. Dezember vorgesehene Start der Proton-M mit dem KA-SAT wurde daraufhin aus Sicherheitsgründen verlegt.
Am Sonntag kam nun das "Go!" für den Start. Ein Scheitern des Projektes durch einen Absturz hätte das Vorhaben, in Europa konkurrenzfähiges Breitband-Internet via Satellit anzubieten, um mehrere Jahre zurückgeworfen.